Die Titanwurz
Datum: | 04. Oktober 2022 |
Referent: | Inayat Olmedo |
Fotos: | Inayat Olmedo |
Bericht: | Rita Hofmann |
Für einmal waren nicht Orchideen das Thema sondern eine einzelne faszinierende Pflanze, die Titanwurz, deren Pfleger aus dem botanischen Garten Basel eindrücklich schilderte, wie aufwändig aber auch spannend die Pflege einer einzelnen Pflanze sein kann.
Die Titanwurz (Amorphophallus titanum) kommt aus der Familie der Araceae und ist nur in Westsumatra heimisch. Die Titanwurz wächst aus einer Knolle. Wenn diese ein Gewicht von mindesten 25 kg erreicht hat, treibt sie normalerweise ein riesiges Blatt von 5 – 6 m Höhe. Im darauffolgenden Jahr treibt sie häufig einen Blütentrieb, dann wieder ein Blatt. Die Blüte wird mehr als 2,50 m hoch, der Weltrekord liegt bei 3,11 m. Die Blüte hält nur eine Nacht und verströmt dabei einen fischigen Verwesungsgeruch.
Da die weiblichen Blüten vor den männlichen reifen, ist Selbstbefruchtung ausgeschlossen. Nach der Blüte geht in Pflanze in eine Ruhephase, die 2 Wochen oder 2 Monate oder länger dauern kann. Wenn auf der Knolle kleine Wurzeln zu sehen sind, ist das ein Zeichen, dass ein neuer Austrieb erfolgt. Die Geschwindigkeit des Sprosswachstums ist ein Anzeichen dafür, ob es eine Blüte oder ein Blatt wird. Eine Knospe wäscht ungefähr 52 Tage bis sich die Blüte öffnet. Die Pflanzen brauchen ein ganzjährig warmes Klima, 28 – 32° C mit 85 % relativer Feuchte und 12 Stunden Licht pro Tag.
Es gibt nur wenige Exemplare blühfähiger Titanwurz in Europe und in der Schweiz. Der botanische Garten Basel pflegt eine Titanwurz seit 15 Jahren, Inayat Olmeda, pflegt diese Pflanze seit 10 Jahren. Sie ist aus Schutz gegen Nematoden nicht ausgepflanzt, sondern in einem grossen Topf. Im Jahr 2011 machte die Knolle in Basel, die damals 80 kg wog, einen Blütentrieb. Der Referent musste selbst viel experimentieren, um herauszufinden, wie man die Knolle pflegen muss. Sie ist sehr empfindlich gegen zu viel Wasser und neigt zum Faulen, aber in der Wachstumsphase braucht sie sehr viel Wasser, bis zu 100 L/Nacht. In der Nacht vor der Blüte braucht sie noch einmal viel Wasser, damit sie sich die Blüte öffnet. Zusätzlich muss man frischen oder tiefgefrorenen Pollen einer anderen Pflanze bereit haben, um die weiblichen Blüten zu befruchten. Dafür wird ein Loch in die Blütenwand geschnitten.
Die Erfahrungen aus Basel kommen auch anderen botanischen Gärten zu Gute. So half Inayat Olmedo dem botanischen Garten in Edinburgh, der 2015 ein zirka 12 jährige Pflanze hatte, die über 150 kg wog und noch nie geblüht hatte, bei der Pflege bis zur ersten Blüte.
Da in Basel ein neues Tropenhaus gebaut wird, das erst im Mai 2023 fertig wird, musste die Titanwurz 2018 vorübergehend ins Papiliorama nach Kerzers umziehen. Wohl wegen ungeeigneten Wassers faulte der Trieb und die Knolle konnte nur knapp gerettet werden. Sie trieb dann statt eines Blattes elf Blätter und teilte sich danach in elf kleine Knollen, die jetzt im Papiliorama weitergepflegt werden. Zum Jahreswechsel 2020/2021 erblühten gleich 2 Pflanzen im Papiliorama, doch leider konnten wegen der Pandemie kaum Besucher eingelassen werden.
Die Blüte dieser seltenen Pflanze ist ein Ereignis, dass viele Besucher anzieht. Bei der Blüte im Jahr 2011 in Basel kamen 25000 Besucher, zur Blüte 2012 kamen 14 000. Der botanische Garten Basel wollte daher einen Teil der Einnahmen für ein Naturschutzprojekt in Sumatra einsetzen, fand aber keinen geeigneten Ort. Durch persönliche Beziehungen des Referenten ergab sich die Gelegenheit für ein Naturschutzprojekt in Ecuador. Für die private Stiftung EcoMinga Foundation (reservadracula.org) wurde ein Stück Nebelwaldbergwald gekauft und unter Schutz gestellt. Neben seltene Vögeln, Schlangen und Fröschen beherbergt dieser Wald auch seltene Orchideen, vor allen Dracula, Pleurothalliden, Scaphosepalum und Lepanthes. Damit sind wir zum Schluss doch wieder bei den Orchideen gelandet.
Auszeichnung Oktober 2022
Vorgestellte Pflanzen Oktober 2022